
Über das Werk
Die sogenannten »Compositions verticales-horizontales« gelten laut Hugo Weber als erste Kunstwerke Sophie Taeuber-Arps (vgl. Schmidt/Weber 1948, S. 119). Heute ist bekannt, dass viele dieser Papierarbeiten als Vorlage für textile Objekte wie Teppiche oder Kissenplatten dienten, wie beispielsweise die »Composition verticale-horizontale sur fond blanc« oder die »Formes élémentaires en composition verticale-horizontale« zeigen.
Für die meisten Werke legte Sophie Taeuber-Arp ein Raster mit Bleistift an, das sie mit Farbstiften oder Gouachen ausfüllte. Die Felder sind entweder einfarbig gestaltet oder später durch sich wiederholende Motive, wie stilisierte Boote, Körper oder Tiere hervorgehoben. Auch Kreise oder Dreiecke, die sie auf den Kopf stellt, werden dabei in die Farbfelder eingesetzt. Die strenge Ordnung der abstrakt-geometrischen Kompositionen wird durch die figurativen Formen aufgelockert, aber nie ganz durchbrochen.
In den 1910er- und 1920er-Jahren entwickelte Taeuber-Arp wiederholt kleinformatige Arbeiten mit Motiven, die sie für ihre angewandten Kunstwerke beliebig wiederverwenden konnte. So schrieb sie 1922 an ihre Schwester Erika: »… für den Teppich-Entwurf ist eine ganze Serie kleiner Aquarelle entstanden, die ich jederzeit leicht in Perlbeutel, Kissen, Teppiche und Wandstoffe umarbeiten kann.« (Sophie Taeuber an Erika Schlegel, Brief vom 21.2.1922, Zentralbibliothek Zürich, Ms. Z II 3069.4). Dementsprechend können sich einzelne Motive in ihren Werken wiederholen, auch wenn sie Abwandlungen dieser verwendete. Trotzdem gibt es heute erhaltene Zeichnungen und Gouachen, zu denen keine textilen Gegenstücke bekannt sind.
Gouachen wie »Ohne Titel« oder die »Stickerei« zeugen von einer Kunstgewerblerin, die ihren Weg in die bildenden Künste suchte. In Anatole Jakovskis Publikation über die Künstlergruppe Abstraction-Création sind zwei Gouachen abgedruckt (Jakovski 1934, S. 46), die heute beide den Titel »Formes élémentaires en composition verticale-horizontale« tragen (Werkverzechnis-Nr.: 1917/8 und 1917/9). Neben ihren abstrakten Gemälden und Zeichnungen wurden also schon zu Lebzeiten Arbeiten dieser Serie publiziert, die gänzlich aus dem kunstgewerblichen Kontext herausgelöst scheinen. Die »Compositions verticales-horizontales« beweisen die frühe Auseinandersetzung mit dem Abstrakten. Damals ohne Zusammenhänge mit der angewandten Kunst gezeigt, sind die textilen Resultate heute ebenso angesehen und können dieser Gruppe zugeordnet werden (vgl. Krupp 2021 I, S. 31f.). [Laura Hillers]
Ausstellungen
Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau… Eine Geschichte der Künstlerinnen - 2022 - Aargauer Kunsthaus, AarauSophie Taeuber-Arp. Gelebte Abstraktion - 2021 - Kunstmuseum Basel / Tate Modern, London / The Museum of Modern Art, New York
Sophie Taeuber-Arp. Heute ist Morgen - 2014 - Aargauer Kunsthaus, Aarau / Kunsthalle Bielefeld
Un siècle de défis. L’art du XXe siècle dans les collection du Musée des beaux-arts d’Aarau - 2001 - Musée Rath, Genf
Sophie Taeuber-Arp - 1977 - Musée d’Art moderne, Straßburg
Sophie Taeuber-Arp - 1977 - Kunstmuseum Winterthur
Literatur
Michael White: Farbe als Material: Die Straßburger Interieurs, in: Sophie Taeuber-Arp. Gelebte Abstraktion, Ausst. Kat. Kunstmuseum Basel/Tate Modern London/Museum of Modern Art New York, München 2021, S. 118–122
Sophie Taeuber-Arp. Gelebte Abstraktion, Ausst. Kat. Kunstmuseum Basel/Tate Modern London/Museum of Modern Art New York, München 2021
Sophie Taeuber-Arp. Heute ist morgen, Ausst. Kat. Aargauer Kunsthaus Aarau/ Kunsthalle Bielefeld, Zürich 2014
Stephan Kunz/Aargauer Kunsthaus Aarau (Hg.): Sophie Taeuber-Arp. 1889–1943, Schriften zur Aargauischen Kunstsammlung, Aarau 2010
Sophie Taeuber-Arp, Ausst. Kat. Musée d’Art moderne Strasbourg, Strasbourg 1977
Sophie Taeuber-Arp, Ausst. Kat. Kunstmuseum Winterthur, Winterthur 1977
Georg Schmidt (Hg.): Sophie Taeuber-Arp (mit einem Werkkatalog von Hugo Weber), Basel 1948
Schreiben Sie einen Kommentar
Sie müssen angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.