Über das Werk
Die sogenannten »Têtes« oder »Têtes dada« von Sophie Taeuber-Arp stellen eine direkte Verbindung zwischen Angewandter und Bildender Kunst dar. In ihrer Arbeit finden sich unter anderem Gebrauchsgegenstände, wie Holz- oder Textilarbeiten, die künstlerische Motive tragen. Die birnenförmigen Köpfe entstanden zwischen 1918 und 1920 in Zürich, wo die Künstlerin in der Dada-Bewegung eine Bestätigung ihres künstlerischen Ausdrucks fand, der sich zunehmend auf eine Reduktion von Form und Farbe konzentrierte. Vier der vermutlich insgesamt sechs geschaffenen Köpfe sind heute noch in privaten oder öffentlichen Sammlungen erhalten.
Bei der Herstellung setzte Taeuber-Arp auf maschinell gedrechselte Holzteile, die sie vermutlich anfertigen ließ, mit Farben bemalte sowie mit Perlen oder anderen schmückenden Materialien verzierte. Präsentiert werden die Köpfe auf schmalen Stützen. Die meisten Skulpturen erhielten eine spitze Nase und Verzierungen, die unter anderem an Ohrschmuck oder Kopfbedeckungen erinnern und die sonst anonymen Köpfe wie abstrahierte Porträts wirken lassen. »Ce sont des parodies de portraits«, wie bereits Hugo Weber, der Verfasser des Werkverzeichnisses von 1948, feststellte (Schmidt/Weber 1948, S. 125).
Weber beschreibt eine weitere Besonderheit in dem Umgang mit diesen Skulpturen: »Les »tête-objets« peuvent aussi servir de porte-chapeau.« (Schmidt/Weber 1948, ebd.). Einige der Köpfe wurden scheinbar als Hutständer genutzt, was den Zusammenhang zwischen Alltagsgegenstand und Kunstwerk deutlich macht und die ästhetisch-funktionale Herangehensweise von Taeuber-Arps gattungsübergreifendem Schaffen veranschaulicht. Die kleinformatigen Figuren gehören heute zu Sophie Taeuber-Arps Schlüsselwerken.
Dieses Werk stellt wohl eine Art Hommage an Hans Arp dar. Beim Vergleich der Skulptur und Fotografien des Künstlers fallen direkt Ähnlichkeiten auf: Das lange Gesicht, die spitze Nase und vor allem die kantig ausrasierten Haare. Bei dieser Darstellung dominiert das symmetrisch angelegte Gesicht, das fast einen düsteren Eindruck macht, denn die hohe Stirn ist weit über die mit Halbkreisen dargestellten Augen herabgezogen.
Neben diesen ästhetischen Aspekten bestätigen auch Publikationen zu Lebzeiten Taeuber-Arps diese Namensgebung. Ausstellungen in Basel (1918) und Zürich (1919) zeigten Werke der Künstlerin. Die Ausstellungskataloge dokumentieren drei »Studien einer Marionette«, wobei auch ein Bezug zu den »König Hirsch«-Marionetten (1918) besteht, die ebenfalls im Ausstellungskatalog aufgelistet sind (Ausst. Kat. Zürich 1919, Kat. Nr. 164-166, S. 10). Die Köpfe erhielten jedoch keine Körper oder Gliedmaßen, welches eine andere Funktion, als bei den Marionetten, suggeriert. Eine dieser Studien trägt in Klammern den Titel »Porträt H. A.« (Ausst. Kat. Basel 1918, Kat. Nr. 223, S. 14). [Laura Hillers]
Ausstellungen
Sophie Taeuber-Arp. Gelebte Abstraktion - 2021 - Kunstmuseum Basel / Tate Modern, London / The Museum of Modern Art, New York
Sophie Taeuber-Arp. Heute ist Morgen - 2014 - Aargauer Kunsthaus, Aarau / Kunsthalle Bielefeld
Women of the Avant-garde. 1920-1940 - 2012 - Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk
Die andere Seite des Mondes. Künstlerinnen der Avantgarde - 2011 - Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, K20, Düsseldorf
Sophie Taeuber-Arp. Avant-garde Pathways - 2009 - Museo Picasso, Málaga
Merzgebiete. Kurt Schwitters und seine Freunde - 2006 - Sprengel Museum, Hannover / Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam
Sophie Taeuber-Arp. 1889–1943 - 1993 - Bahnhof Rolandseck, Remagen / Kunsthalle Tübingen / Städtische Galerie im Lenbachhaus, München / Staatliches Museum Schwerin
Sophie Taeuber-Arp - 1981 - The Museum of Modern Art, New York / Museum of Contemporary Art, Chicago / Museum of Fine Arts, Houston / Musée d'art contemporain, Montreal
Sophie Taeuber-Arp - 1977 - Kunstmuseum Winterthur
Sophie Taeuber-Arp - 1977 - Musée d’Art moderne, Straßburg
DADA. Ausstellung zum 50-jährigen Jubiläum - 1966 - Kunsthaus Zürich / Musée National d'Art Moderne, Paris
Das Neue Leben - 1918 - Kunsthalle Basel
Literatur
Sidlina 2021 II, Abb. S. 43
Hoch/Kaufmann 2021, S. 20
Dickerman 2021, S. 99 und 100
Ausst. Kat. Basel 2021, Kat. Nr. 128, S. 323, Abb. S. 114
Umland 2019, S. 20-40, Abb. S. 21-23 und 38
Ausst. Kat. Aarau 2014, Kat. Nr. 6, Abb. S. 21
Mair 2013, Abb. 7, o. S.
Ausst. Kat. Humlebæk 2012, S. 126
Hemus 2009, S. 57, Abb. Nr. 22, S. 58
Ausst. Kat. Málaga 2009, Kat. Nr. 36, Abb. S. 74
Ausst. Kat. Clamart 2007, Abb. S. 47
Meyer/Hossli/Magnaguano 1994, Kat. Nr. 415, S. 430, Abb. S. 431
Ausst. Kat. Remagen 1993 I, Abb. S. 79
Mahn 1989, S. 96, Abb. S. 97
Lanchner 1981, pp. 10-11
Ausst. Kat. New York 1981, S. 52, Tafel 4 und 5, Abb. S. 25
Ausst. Kat. Strasbourg 1977, Kat. Nr. 30, S. 26, Abb. S. 27
Ausst. Kat. Winterthur 1977, Kat. Nr. 21, o. S.
Schmidt/Weber 1948, S. 146
Ausst. Kat. Zürich 1919 II, Kat. Nr. 167-169, S. 10 (als »Studie zu einer Marionette«?)
Ausst. Kat. Basel 1918, Kat. Nr. 223, S. 14 (als »Studie zu einer Marionette (Porträt H. A.)«)
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